[Rezension] Jónsdóttir, Sólveig: Ganze Tage im Café

Details:
Originaltitel: Korter | Autorin: Sólveig Jónsdóttir | übersetzt von: Sabine Leskopf |Genre: Belletristik | Reihe: – | Gattung: Roman | Verlag: Insel ( 2014 ) |  Seiten: 416

Ganze Tage im CaféAuch wenn das Cover etwas Anderes vermuten lässt, so ist Ganze Tage im Café von der isländischen Autorin Sólveig Jónsdóttir ein tiefgründiger Roman, dessen Inhalt nicht von farbenfroher Natur, sondern von Düsternis, Bedrängnis, aber auch von Hoffnungen und Träumen durchtränkt ist. Vier Frauen, die vier ganz unterschiedliche Leben in Reykjavík führen, sind der Mittelpunkt von Jónsdóttirs Buch. Vier Frauen, die am Scheideweg ihres Lebens stehen, die an einem Tiefpunkt angelangt sind, an welchem es entweder nur noch schlimmer oder besser werden kann.

Verlorene Liebe, verlorenes Leben, verlorenes Glück

Vier Frauen, die nichts gemeinsam haben. Und doch: jede von ihnen steht an einem anderen Punkt in ihrem Leben, das eine Wendung genommen hat, wie sie es nie erwartet hätten. Hervör jobbt Vollzeit in einem Café, sie ist als Uniabsolventin desillusioniert vom Leben, in welchem alles möglich sein sollte. Silja ist Ärztin, verheiratet und liebt ihren Mann, der sie aber nicht immer gut behandelt. Mia ist glücklich, doch als sie sitzengelassen wird, fällt sie in ein bodenloses Loch des Selbstverlustes. Karens Verlust hingegen ist unsagbar. Sie lebt durch die Partynächte hindurch und ertrinkt ihr Leid in Alkohol und Männergeschichten. Vier Geschichten von Frauen, die ihr Glück und ihre Träume verloren haben. Sie streifen durch die eiskalten und dunkel verschneiten Straßen Islands auf der Suche nach ihrem Sinn im Leben. Sie sammeln die Scherben auf, die ihnen das Schicksal vor die Füße geworfen hat und treffen dabei auf Menschen, die ihnen bewusst und unbewusst ein Stück Leben zurückgeben.

Die Dunkelheit des isländischen Winters – ein Lichtblick, wo man ihn nicht vermutet

In vier parallelen Erzählsträngen werden die Geschichten dieser Frauen erzählt, die durch kurze Begegnungen oder durch andere Figuren miteinander verbunden sind. Die Autorin beweist dabei ein grandioses Einfühlungsvermögen, denn jede einzelne Figur hat ihre eigene Geschichte, die sie an diesen einen Punkt ihres Lebens gebracht hat. Und jeder Leser kennt wohl einen dieser Punkte, weiß, wie stark die Verletzlichkeit und die Empfindungen der Protagonistinnen sind. Sólveig Jónsdóttir beschreibt die Existenzen junger Frauen, die zielstrebig ihr Leben lebten, bis zu einem Moment, an welchem sie ihr Leben in Frage stellen. Sei es die berufliche Zukunft, das Glück in einer Beziehung oder der Verlust eines geliebten Menschen, der so groß ist, dass das eigene Leben plötzlich nichtig vorkommt. Dieses Buch ist ein bedrückendes Buch, denn die Frauen darin kämpfen mit ihrem Selbst, mit ihrem Leben und den ihnen gestellten Schwierigkeiten und Hindernissen. Ganze Tage im Café ist ein authentischer Roman, der den Leser mit Schwermut versieht, ihm das eigene – mit Hindernissen behaftete – Leben vor Augen führt. Genau darin liegt der Reiz des Buches, welches das Leben nicht beschönigt, sondern seine, wenn auch nicht dunkelste, doch seine dunkel schattierte Seite darstellt, die sich bis zum Ende hindurchzieht.

Ein Kommentar

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