[Lese-Eindruck] Die Gelehrtenrepublik von Arno Schmidt

Inhaltsanagabe des Verlages:

Erstmals 1957 erschienen, spielt Arno Schmidts düsterer Zukunftsroman 50 Jahre nach einer atomaren Zerstörung Europas. In Tagebuchform schildert er die Reise des amerikanischen Journalisten Charles Henry Winer im Jahre 2008 durch den Hominidenstreifen von Nevada zu der im Pazifik schwimmenden, künstlichen Insel IRAS, auf der, unter ebenso gleichberechtigter wie rivalisierender Verwaltung der Russen und Amerikaner , die letzten Geistesgrößen aus Wissenschaft und Kunst Zuflucht gefunden haben. Die »International Republic for Artists and Scientists« ist jedoch nur ein neuer Schauplatz des Kalten Krieges der Supermächte. In Gestalt des engstirnigen, reaktionären Übersetzers und Herausgebers des Winerschen Tagebuchs, Ch. M. Stadion, konfrontiert Arno Schmidt in zahlreichen Fußnoten die eigene Prosa mit den schmähenden Kommentaren der zeitgenössischen Kritik, die ihm Pornographie und naturalistische Detailbesessenheit vorwarf und seine Erzählungen mit dem verächtlichen Etikett »Asphaltliteratur« versah. Dadurch gerät ›Die Gelehrtenrepublik‹ auch zu einer amüsanten Parodie Schmidts seiner selbst aus der Sicht seiner Gegner.

Das erste Mal dieses Jahr – und überhaupt – habe ich Schmidt im Januar gelesen und eben dieses Buch für mein Seminar zu Utopien und Dystopien. Dieser Autor und besonders sein gewitzter Schreibstil und die außergewöhnliche Sprache haben mich schnell in seinen Bann gezogen. So sind inzwischen schon ein paar weitere Bücher von Arno Schmidt auf meinem SuB gelandet und ebenso teilweise auch gelesen. Schlägt man dieses (und auch andere Bücher) des Autors auf, so ist man erst einmal völlig verwirrt von der Zeichensetzung fragt sich ob man als Leser überhaupt inhaltlich alles begreifen kann, wenn schon die Form so vollständig anders ist als in „normalen“ Romanen.

Injektionen aller Art : eine weiße ; noch `ne weiße. / » Eine hellgrüne ? « : » Achnaja ! Falls Sie=ä – ne Spinne oder-was ; stechen sollte ! « schnauzte er verlegen. ( Und geheimnisvoll=ärgerliches Zusatzgemurre : » . . . ganz Neues . . . gegen dadadadiden ( ? ) . . . : Da ist es dann ganz so . . . . . « ). –„ (Die Gelehrtenrepublik | Arno Schmidt | S.12)

Aber hat man sich erst einmal daran gewöhnt, dann zieht einen dieser Roman und sein Protagonist, der Journalist Charles Winer, mit auf seine Reise durch eine atomar zerstörte Welt. Er gerät in den Hominidenstreifen, der sich quer durch Amerika zieht und in welchem menschliche Mutationsformen wohnen. Zentauren mit Rehunterkörpern und menschlichen Oberkörpern, oder Never=nevers, spinnenartige Gestalten mit Menschenköpfen. Ein gefährlicher, ja fast unmenschlicher Ort, der sich aber als weit menschlicher entpuppt als die IRAS. Dieses Schiff gleicht einer Insel und ist die eigentliche „Gelehrtenrepublik“. Dort versammeln sich Künstler und Wissenschaftler aller Welt, um gemeinsam zu forschen und Kunstwerke zu schaffen. Aber weit gefehlt, vielmehr herrschen dort Lug und Trug, gegenseitige Manipulation und Krieg. Mehr verrate ich nicht, denn selber lesen lohnt sich, vor allem für Dystopienfans, die sich auch an einen Roman von 1957 heranwagen!

Arno Schmidt | Die Gelehrtenrepublik | Romane und Erzählungen, Dystopie | Fischer Verlag | 199 Seiten

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