Rezension | Die drei Sonnen von Cixin Liu

Rezension: Die drei Sonnen von Cixin Liu (Trisolaris-Trilogie)

Was, wenn wir nicht die einzige Spezies im Universum sind?

In den chaotischen Zeiten der Kulturrevolution landet die junge Astrophysikerin Ye Wenjie mit etwas Glück auf eine  Militärbasis im Norden Chinas. Sie ist als Intellektuelle in Ungnade gefallen und dem sicheren Tod nur knapp entronnen. Rotes Ufer ist eine Geheimoperation und sucht nach intelligentem Leben im Weltall. Doch was Ye Wenjie tatsächlich entschlüsselt, ist noch viel unfassbarer, als irgendwer ahnen konnte.

38 Jahre später: Mehrere angesehene Wissenschaftler begehen Selbstmord. Die Allgemeingültigkeit der Physik wird in Frage gestellt und ihr gesamter Lebensinhalt hat sich im Nichts des Universums aufgelöst. Darunter auch Ye Wenjes Tochter Yang Dong.

Der Naonphysiker Yang Miao ist um die 40 und hat mit der ganzen Sache eigentlich nichts am Hut. Dennoch wird er als Wissenschaftler von der Regierung angesprochen, ob er nicht als Spitzel agieren will. Die international operierende Organisation “Frontiers of Science” scheint in die Tode der Wissenschaftler involviert zu sein. Doch an diese Gruppierung heranzukommen ist äußerst schwierig. Yang Miao weigert sich. Doch seine Weigerung wird ihm verwehrt, als plötzlich Nummern auf seinen Fotografien und dann sogar direkt auf seiner Augenlinse auftauchen. Nummern, die konsequent nach unten zählen und Yang Miao hat Angst davor zu erfahren, was passiert, wenn das Ende erreicht ist.

Die drei Sonnen: Das VR Spiel Three Body

Auf seiner Suche nach der Wahrheit lernt Yang Miao nicht nur die inzwischen in die Jahre gekommen Ye Wenjie kennen, sondern auch ein seltsames Virtual Reality Spiel, das Three Body genannt wird. In diesem Game muss der Spieler hinter den Rhythmus der Naturgewalten kommen: Ein Planet auf welchem entweder ein chaotisches Zeitalter oder ein stabiles Zeitalter herrscht. Aber wann welches Zeitalter eintritt, weiß niemand. Wenn die drei Sonnen am Himmel erscheinen, ist die gesamte Zivilisation dem Untergang geweiht. Yang Miao ist fasziniert von der Einfachheit der Nutzeroberfläche und der dafür umso tiefgründigeren Hintergrundkonstruktion.

Immer wieder taucht Yang Miao in die Welt dieser andersartigen Menschen ein, die sich in chaotischen Zeitaltern einfach austrocknen lassen können und zusammengerollt in großen Speicherzentren überdauern. Doch was steckt tatsächlich hinter den sich immer wieder neu erschaffenden Zivilisationen, den drei Sonnen und dem Spiel, das das Dreikörperproblem zu entschlüsseln versucht.

Die drei Sonnen: Sci-Fi-Unterhaltung sondergleichen

Der Beginn von “Die drei Sonnen” war ganz anders als erwartet. Denn statt sich in der fernen Zukunft zu befinden, schleudert Cixin Liu seine Leser in die Wirren der chinesischen Kulturrevolution, wo Intellektuelle hingerichtet wurden unter grausamen Zurschaustellungen von fadenscheinigen Propagandaauswürfen. Ganz langsam aber windet der Autor seine Geschichte aus dem historischen Kontext heraus in eine ungeahnte Weite des Universums.

Dabei schreibt Cixin Liu in einer technisch-politischen Sprache und nutzt einen eher nüchternen Sprachstil, um seine Geschichte zu erzählen. Mir hat diese Mischung sehr gut gefallen, denn er braut astrophysisches Wissen in seinen Roman, ohne dass man als Leser davon erschlagen wird. Auch wenn er seine Geschichte in den Zeiten der Kulturrevolution beginnt, in denen die Technik zur Entdeckung außerirdischen Lebens wahrscheinlich eher noch nicht bestand, fügt sich der Rest der Geschichte wie ein Puzzle zusammen. Und so sieht man als Leser über diesen Ausgangspunkt hinweg, der doch den Stein ins Rollen bringt, der für die Menschheit zum Ende ihrer Existenz führen könnte.

Cixin Liu nutzt wissenschaftliche Kenntnisse und Problematiken, wie das Dreikörperproblem, und konstruiert darum eine Geschichte, die sich mit jeder Seite weiter entfaltet. Die Bruchstücke zwischen der Vergangenheit als Ye Wenjje noch jung war sowie der Gegenwart mit der geheimnisvollen Organisation “Frontiers of Science“, dem schier unmöglichen Zahlenmix vor Yang Miaos Augen oder dem Spiel, das immer und immer wieder, das Erstehen einer Zivilisation zeigt. All diese Elemente stehen in Verbindung miteinander und am Ende steht das Ungeheuerliche.

Beim Lesen hat man schnell das Gefühl, dass sich etwas anbahnen wird. Vielleicht eine Macht, vielleicht etwas anderes. Und dieses aufbäumende, unweigerlich näher kommende Etwas ist ebenso mit der Wahrheit gleichzusetzen, nach der Yang Miao sucht. “Die drei Sonnen” ist der Auftakt einer der Trisolaris-Trilogie und hat mich wahnsinnig gepackt. Trotz des eher wissenschaftlich-nüchternen Schreibstils steckt zwischen den Zeilen so viel Emotionalität und ebenso viel Inhalt.

Die drei Sonnen” wühlt sich aus der Menschheitsgeschichte hinauf in eine Zukunft, die vielleicht eines Tages Realität werden könnte. Sie zeigt auf, wie die Menschheit sich selbst in unterschiedliche Lager geteilt hat, fernab von Ländergrenzen, aber dafür radikaler und unerbittlicher: Sind die Menschen es noch wert, existieren zu dürfen?

Bibliographische Angaben zum Buch:

Autor: Cixin Liu | Originaltitel: SAN TI | übersetzt von: Martina Hasse | Genre: Science Fiction | Reihe: Trisolaris-Trilogie | Band innerhalb der Reihe: 1 | Gattung: Roman | Verlag: Heyne ( 2017 ) | Seiten: 591

Weitere Rezensionen zu „Die drei Sonnen“:

Booknapping | Weltenfabrik | Tasmetu

4 Kommentare

  1. Liebe Ramona,

    von diesem Buch habe ich schon so viel gehört, aber ich bin eigentlich keine SciFi-Leserin (mit wenigen Ausnahmen). Nach dem Lesen deiner Rezension bin ich aber (mal wieder) neugierig auf die Trilogie…

    Liebe Grüße,
    Romy

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