[Rezension] Müller, Herta: Der Mensch ist ein großer Fasan auf der Welt

Details:

Autorin: Herta Müller
Genre: Gegenwartsliteratur
Reihe: –
Gattung: Erzählung
Verlag: Fischer TB ( 2009 )
Seiten: 111

 

Inhalt:

Rumänien in den 1980er Jahren. Die deutschstämmige Familie Windisch wartet darauf die Ausreisegenehmigung in den Westen zu erhalten. Während dieser schier endlosen Wartezeit, während die Nachbarsfamilien eine nach der anderen auswandern, scheint die Zeit und das Leben in einer Endlosschleife zu stecken.

Meinung:

In kurzen Kapitel, in Momentaufnahmen, zeigt Nobelpreisträgerin Herta Müller den Stillstand einer ganzen Familie, das Ausharren und Warten auf bessere Zeiten. Familie Windisch lebt ohne zu Leben. Vater Windisch betreibt eine Mühle, seine Frau vermeidet es, von ihm angefasst zu werden und seine Tochter Amalie entgleitet ihm immer mehr, bewegt sich so, als hätte sie ihre Jungfräulichkeit bereits verloren.

Windisch lebt in seiner eigenen Welt. Die Realität berührt ihn kaum und doch ist er ein guter Beobachter, dem Details in seiner Umwelt auffallen, die sonst unbemerkt bleiben. Seine Familie ist zerrissen, seine Frau will ihren ehelichen Pflichten im Bett nicht mehr nachkommen und sucht doch ihre Befriedigung. Tochter Amalie arbeitet in der Stadt und lebt zwischen der väterlichen Maßstäben und den Versuchungen der Männer.

Einen Fokus legt Herta Müller in ihrer kurzen Geschichte auf die Beschreibung des stagnierenden Lebens, auf kleine Momentaufnahmen, die beliebig gewählt, verdeutlichen, wie Leben gelebt werden, die einer wartenden Passivität verfallen sind. Den Stillstand weiß Müller gekonnt in Szene zu setzen, er fließt regelrecht durch die beschreibenden Sätze, die jeglicher Aktivität beraubt sind; Und auch dem Leser zwar viel zwischen den Zeilen lesen, aber nur wenig Handlung übrig lassen.

Fazit:

In einen zeitlichen Stillstand gehüllt berichtet Herta Müller über eine Familie, die aufgehört hat zu leben, die nur darauf wartet, dass endlich von außen die Stagnation aufgebrochen wird. Detailreich verfällt die Autorin in Beschreibungen, die ohne Handlung das langatmige, auf Warten ausgerichtete Leben der Familie Windisch, erzählen. Das Nicht-Leben bricht durch die Textzeilen – ohne Frage eine Kunst – die mir aber nur wenig Lesegenuss vermitteln konnte.

Bewertung: [3/5]