[Rezension] Jennifer Benkau: Dark Canopy

Dark Canopy

Details:
Originaltitel: Dark Canopy
Autorin: Jennifer Benkau
Genre: Dystopie
Reihe: Dark Canopy
Band innerhalb der Reihe: 1
Gattung: Roman
Verlag: script5 ( 2012 )
Seiten: 525

Inhalt:

Der dritte Weltkrieg ist vorüber und die Herrschaft des Menschen zu Ende. Unterdrückt von den Percents, großen kräftigen Männern mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, die einst von den Menschen als Supersoldaten künstlich hergestellt wurden, gibt es neben den wenigen verbliebenen Städten auch Rebellenclans, die sich gegen diese Gewaltherrschaft auflehnen. Zu ihnen zählt die 20-jährige Joy, die eines Tages in die Hände der Percents fällt und dort aber nicht nur Gewalt und Hass entdeckt, sondern zu ihrer Überraschung weit mehr Menschlichkeit als sie je hätte vermuten können.

Meinung:

Der Mensch wurde als Krone der Schöpfung abgelöst. An ihre Stelle sind die Percents getreten, von den Menschen vormals erschaffene Supersoldaten, die weit bessere Sinne besitzen als Menschen. Sie sind schneller und stärker und gleichen sich beinahe wie ein Ei dem anderen. Lediglich ihre Haut ist so sonnenempfindlich, dass in jeder noch verbleibenden Stadt eine Maschine, eine Dark Canopy, steht, die Staub in den Himmel wirft und somit die Sonne verdeckt. Nur für zwei Stunden dürfen die Menschen das Licht der Sonne genießen, denn genau so viel Zeit benötigt die Natur, um genügend zu wachsen.

In dieser grauen Welt lebt die 20-jährige Joy. Sie gehört zu einem Rebellenclan, der sich gegen die Unterdrückung der Percents auflehnt. Die Menschen, die in den Städten wohnen sind dagegen von den Percents abhängig und stehen unter strikten Regeln. Doch im Gegensatz zu den Städtern müssen die Rebellen Jahr für Jahr um ihr Überleben kämpfen, sie leiden an Hunger und im Winter an der bitteren Kälte.

Wird ein Mensch außerhalb der Stadtgrenzen entdeckt, so wird er meist sofort gefangen oder auf brutale Weise getötet. Joy kennt Horrorgeschichten von der Gewaltbereitschaft der Percents und so ist ihr bester Vorteil im Kampf, dass sie ein Messer besitzt (obwohl Menschen Waffenbesitz verboten ist) und dass sie sich schnell verstecken kann. Eines Tages verlässt Joy ihr Glück und sie wird von Percents gefangen genommen. Aber statt ihr einen qualvollen Tod zu bescheren wird Joy in die Kaserne, einem ehemaligen Gefängnis gebracht. Dort wird sie einem Valet zugeteilt, einem jungen Percent, der sich noch beweisen muss, ehe er in der streng hierarchischen Struktur aufsteigen darf. Dieser Valet namens Neél soll sie für das in ein paar Monaten stattfindende Chivvy ausbilden, einem perfiden Spiel. Jeder Valet muss einen menschlichen Soldaten ins Rennen schicken, wo diese von Percents gejagt werden. Je länger der eigene Menschensoldat durchhält oder gar am Ende nicht gefangen genommen wird, desto höher steigt der Valet in der Percent-Hierarchie auf.

Joy hat keine Wahl. Täglich muss sie sich den Demütigungen und dem Hohn der Percents aussetzen. Eine Flucht scheint unmöglich und doch kann Joy ihren Willen nicht aufgeben, sie will ihre Fehler, die nicht nur sie, sondern auch ihre Freundin Amber in die Gefangenschaft getrieben haben, retten. Je länger sie als Soldatin in der Stadt lebt, desto mehr merkt sie, dass auch unter den Percents nicht immer Einigkeit herrscht. Diese sehen sich zwar alle beinahe zum Verwechseln ähnlich, aber Joy erkennt, dass auch dort Individualität und Eigensinn herrscht.

Jennifer Benkau erschafft in Dark Canopy eine Nachkriegszeit, in der es zwei gespaltene Lager gibt. Die Percents leben in den Städten, haben Strom und fließendes Wasser und unterdrücken die Menschen, da sie selbst vom Hass geblendet sind, der ihnen entgegenschlug als sie als Supersoldaten im Krieg missbraucht wurden. Die Menschen dagegen stehen auf der anderen Seite. Auch sie sind voller Hass, besonders von der gegenwärtigen Situation, in der sie leben. Wer frei sein will, muss sich außerhalb der Städte in verfallenen Regionen verstecken, hungern und frieren.

Dort wächst Joy auf, deren Familie – als sie noch klein war – aus der Stadt geflohen ist, um sich den Rebellen anzuschließen. Als Joy gefangen genommen wird, erkennt sie die Verblendung und den Hass, der auf beiden Seiten besteht und gleichzeitig einer möglichen Einigung oder sogar Frieden im Wege steht. Die Percents sind keineswegs gewissenlose Soldaten, sondern auch bei ihnen gibt es Menschlichkeit, aber auch strikte Rangfolgen und eine Hierarchie, die nicht von einem Einzelnen durchbrochen werden kann.

Dem Leser wird dieses hoffnungslose Dilemma auf emotionale Weise vor Augen geführt, obwohl die Autorin keineswegs eine besonders romantisch-emotionale Sprache verwendet. Doch die Situation, die sich auch noch verschärft, als zwischen Joy und Neél mehr zu entstehen scheint als nur eine Valet-Soldat-Beziehung. Joy ist eine junge Frau, die sich nie irgendwo richtig Zuhause gefühlt hat und ihr Leben lang ums Überleben gekämpft hat. Sie fühlt sich schuldig für den Tod und die Gefangennahme ihrer Freunde und Clanmitglieder und versucht dies wiedergutzumachen. Dabei verzichtet sie auf ihre eigene Sicherheit, die Neél ihr bieten kann. Joy will nur eines: ihre Freundin Amber retten, die von einem anderen Percent als Dienerin sehr schlecht gehalten wird, und ihre eigene Freiheit wiedererlangen.

Die Autorin erschafft interessante Charaktere. Joy hat Ecken und Kanten, ist keine Superheldin, die alles richtig macht, sondern verletzlich, ängstlich, hat aber genauso einen starken Kämpferwillen und ist mutig. Sie macht sich ständig Gedanken und ist schlau genug, nicht alles was sie erfährt sofort zu beurteilen, sondern versucht hinter die Kulissen zu blicken. Neéls Charakter ist am geheimnisvollsten, da er als Percent am Anfang der Bösewicht schlechthin ist und erst gemeinsam mit Joy entdeckt der Leser, was Neél wirklich ausmacht, wie er denkt und wie er fühlt. Niemand ist das, was er nach außen zu sein scheint. Jeder hat Eigenschaften, die man erst entdecken muss, ob gut oder schlecht.

Ein weiterer Charakter, den ich zwar recht lästig fand, aber für die gesamte Handlung unglaublich wichtig war, ist Matthial, der Sohn des Clananführers und bester Freund von Joy. Er kann – im Gegensatz zu ihr – fliehen und kehrt in das Clanversteck zurück. Gemeinsam mit seinem Bruder verweigert er die Flucht in ein neues Zuhause und schmiedet stattdessen Pläne und versucht mehr über Joys Verbleib herauszufinden. Seine Ansichten sind gegenüber den Percents festgefahren und so entwickelt er sich im Verlauf des Buches zu einem Anführer, der voll und ganz auf der Seite der Menschen steht.

Trotz der interessanten Charaktere steht für mich die Handlung in Dark Canopy im Vordergrund. Durch diese vermittelt Jennifer Benkau derart viele Emotionen, da die Aussichtslosigkeit der Situation für sich genommen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung darstellt, die selbst den Leser ständig mitzerren. Alle Figuren sind von den Ereignissen und der Vergangenheit von Percents und Menschen geprägt. Keiner von ihnen ist wirklich frei zu handeln, sondern jeder von ihnen hat nur einen gewissen Handlungsraum, in dem er agieren kann und muss.

Das Ende ist durch die Ereignisse an Dramatik kaum zu überbieten und bei mir sind massenhaft Tränen geflossen, sodass ich es kaum wage, den zweiten Band Dark Destiny zu beginnen und dennoch hat mich die Story in den vergangenen Tagen nicht losgelassen, aber ich brauche erst noch etwas Mut, um wieder in die dunkel Welt von Joy und Neél einzutauchen.

Fazit:

Die düstere Welt, die Jennifer Benkau im ersten Band ihrer zweiteiligen Dystopie-Reihe erschafft, hat mich bis zur letzten Seite gefesselt. Die Story ist durch die Handlung beinahe direkt an die Gefühle des Lesers gekoppelt, da Joy in einer ausweglosen Situation lebt, die Verzweiflung und Mitgefühl auslöst. Zwei Seiten stehen sich gegenüber. Hass und Wut lenkt das Handeln der meisten Figuren und keiner von ihnen kann sich wirklich frei entscheiden, da alle im System einer Position zugeordnet sind, die nur gewisse Handlungszüge zulässt. Spannend, unvorhersehbar und emotional bis zur letzten Seite!

Bewertung: [5/5]

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